ZIRKULAR I 22
»Die Nachwelt wird es nicht fassen können, dass wir abermals
in solchen dichten Finsternissen leben mussten, nachdem es
schon einmal Licht geworden war.«
Sebastian Castellio in ›De arte dubitandi‹ 1562
Arona, im Garten Mariposas
2. März 2022
Sehr geehrte Damen und Herren,
im Angesicht einer Zeitenwende stehen wir verwundert, mitunter verängstigt und neu. Unser Herz und unsere Gedanken sind mit dem ukrainischen Volk. Viele Gewissheiten und moralischen Überzeugungen verschwanden oder verkehrten sich über Nacht in ihr Gegenteil. Ja, Europa ist keine Insel der Seligen mehr aus einem Meer aus Sturm.
Die Frage ‚wie könnte eine europäische Identität aussehen?‘, plötzlich beantwortet; das ‚Anything goes‘ der Postmoderne, beendet. Eine Ent-Täuschung über die Grenzen der Gutheit der Welt und eine intuitive, wie selbstverständliche und doch so überraschende Einigung darauf, was den Kern unserer Gesellschaften ausmacht. Und das dieser zukünftig anders geschützt werden muss.
Unsere latente europäisch-westlich-freiheitliche Identität tritt uns als Solidarität und Sorge deutlich vor Augen. Und sicher erleben viele gerade auch, was es bedeutet, dieses nicht verdiente Privileg. Das zufällige Glück, in so reichen und freien Gesellschaften leben zu dürfen. In einer Epoche langen Friedens und größter Liberalität. Wir müssen sie pflegen, unsere Kultur und Gesellschaften. Jede/r ist auf seine oder ihre Art für diese verantwortlich. Die Arbeit von Bublitz als ‚geistige Gastarbeiter‘ versucht dies mit den Mitteln der Kunst, der Philosophie, der Aktivierung der Geschichte, des Magischen und, seit Neuestem wieder, mit dem poetischen Potential der Religion/Theologie.
Schon jetzt darf ich Sie zu einer für mich persönlich sehr wichtigen Ausstellung einladen. Am 8. April eröffnet im NADAN am Bayerischen Platz die Ausstellung GABRIEL Marianische Antiphonen I – III. Hinter dieser steckt das Künstlerduo Gabriel & Schindele. Das sind der niederländische Konzept- und Performance-Künstler Edwin W. Moes und meine Person. Der Versuchsaufbau intendiert einige Beschwörungen von Muttergottheiten, getragen von Wünschen nach Ganzheitlichkeit, Heilung und einem Lob der Geschichte.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit,
JMH Schindele