MυθοποίησηMythopoesis

Josephine, entering the maze
The Mythology of Michal Martychowiec

Kuratiert von Julian M. H. Schindele

ANTRANSPORT DER SPHINX
Gedanken zu den Werkzyklen ‚Josephine‘ und ‚Reading history‘

 

„Im Handeln wie ähnlich einem Engel! Im Begreifen wie ähnlich einem Gott!
Die Zierde der Welt! Das Vorbild der Lebendigen!“
Shakespeare

Als ob der Dadaismus Flügel bekommen hätte und
über den Spalt des Nihilismus hinweg segelte

 

Es fällt mir nicht leicht, über Josephine zu schreiben, denn die Sprache fixiert und Josephine ist etwas Lebendiges. In ihr erleben wir den ewig wiederkehrenden Antransport der Sphinx. Die Sphinx ist eine Frage an uns. Weder einzuholen noch auszuloten.

Komm mit ins Labyrinth, folge mir in die Tiefe. So sagt es das Kaninchen zu Alice-Neo in der Erzählung von Lewis Caroll oder dem Film Matrix der Wachowskis.

Dieser Text begleitet Josephine, entering the maze. Die Schau ist der Zwilling von Nachricht vom letzten Menschen, der vorangegangenen Installation Michal Martychowiecs. Sie ist die vierte des Ausstellungszyklus Mythopoesis.

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Inside Josephine

Ein zartes, doch insistentes Flüstern, ein liebevolles Zureden ohne Unruhe erfüllt den Raum mit Intimität. Josephine l’histoire se passe aujourd’hui. Josephine, (die) Geschichte passiert heute.

Durch das Teehaus Jian, vorbei an einer großen, quadratischen Arbeit der Werkreihe Reading history, betreten wir den dunklen Thesaurós. Eine sakrale Inszenierung; in deren Mittelpunkt: ein Smartphone. Auf diesem läuft ein Video der zur unbekannten Ikone Erhobenen: Josephine, auf dem Schoß des Künstlers, frontal gefilmt, gebleckte Nüstern. Es ist die Bildebene der Installation Josephine, history is happening today. Mit sanfter Stimme bespricht Martychowiec sein Kaninchen. Vielleicht bespricht er es, um unserer Wunde, die der Verlust der Fähigkeit zur historischen Verortung bedeutet, Linderung zu verschaffen?

Eine Performance der Doppelwesenheiten Martychowiec – Josephine.

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Drehen wir uns um die eigene Achse, werden wir gewahr, dass wir zwischen zwei Portraits des Tieres stehen. Die einzigen beiden Arbeiten im Ausstellungsraum. Im erwähnten Video und einer großen, bläulichen Fotografie betrachtet uns das Wesen, und schaut hindurch durch uns auf sich selbst. Nicht ohne Melancholie, steht unter dem Bild eine Wahrheit. We are here, together, for now.

„What is the significance of this then? “, fragt der Künstler, „Josephine stares still from the screens. State of being alive, and state of being art. And state of death and the sphere of history. “

So hat der Künstler Josephine im Thesaurós – was Schatzhaus und Wörterbuch bedeutet – einen weiteren kleinen Schrein errichtet. Josephine ist hier, und auch das Fenster zur Uhlandstraße ist von ihrem zerschnittenen Konterfei geschmückt.

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Vor dem Portal: Reading history

Looking for meaning in history. Sich der eigenen Geschichtlichkeit, Zufälligkeit und historischen Konstruktion bewusst zu sein. Dem eigenen Gewordensein inne zu werden. Sich nicht, ob der Überlast an fremden Zeichen und Bildern, postmodern niederschlagen lassen, nicht metaphysisch obdachlos oder gar zynisch zu sein. Das sind Kernanliegen der Kunst Martychowiecs und seines Charakters. Hierfür sucht er beständig neue, schlagende Metaphern, die konzeptuell und als Medien symbolischer Kommunikation Eingang in sein Werk finden.

Im Schaufenster ein Sticker von Josephine, in den zwei Bildschirme eingelassen sind. Auf diesen laufen Videos einer jeweils identischen Handlung mit einem lebendigen Unterschied. Der Künstler rekonstruiert eine Go-Partie von Huang Jinxian und Chen Zude. Diese wurde im Mai 1966, wenige Tage vor dem Beginn der chinesischen Kulturrevolution, dokumentiert. Doch auf einem der Spielbretter sitzt unsere süße Josephine und ‚stört den Lauf der Geschichte‘. Disruptiv stößt sie Steine hinunter, unberechenbar, übermenschlich, nervig, monumental.

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Das Go-Spiel und die vielfältigen, dem Gegenstand bereits einlagernden Qualitäten spielen eine wichtige Rolle im Kosmos Martychowiecs. In seiner Sprache steht Go als Metapher für Geschichte, ja Kausalität schlechthin. Dazu muss man wissen, dass Go nicht nur das komplexeste – im Sinne der möglichen Spielzüge –, sondern auch das mit großem Abstand am längsten dokumentierte Spiel der Welt ist. Seit 193 n. Chr. sind vollständige Partien zwischen Prinzen, Königen, Großmeistern und sonstigen Granden der chinesischen Kultur aufgezeichnet. Die überzeugendste und wichtigste symbolische Qualität ist jedoch, dass in diesem Spiel ein einmal gelegter Stein nicht mehr bewegt werden darf. D. h. jeder Zug, jede Tat beeinflusst die nächste endgültig, die kausalen Räder greifen gut sichtbar und mit Notwendigkeit ineinander.....

Klicken Sie hier, um den vollen Text zu lesen.

Materialien und Texte zur Ausstellung

 

Hier finden Sie eine Einführung in den Ausstellungszyklus Mythopoesis

Zur Einführung des Ausstellungszyklus

 

Hier finden Sie den Raumplan der Ausstellung

Zum Raumplan

 

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Fotos © Stefan Hähnel